con:sens im Gespräch mit der Geschäftsführerin von Mercurio, Dott.ssa Simone Protti
Vertical Forest Milan/Boeri Studio
„Wissen teilen“ ist das zentrale Anliegen der Online-Seminarreihe von Mercurio. Nur wenig war in den letzten Monaten in unserer globalisierten Welt so wichtig wie schnell und verständlich geteiltes Wissen. Ein Thema, das die deutsch-italienische Wirtschaftsvereinigung mit Sitz in Düsseldorf gekonnt aufgegriffen hat. Nicht nur der Vorsprung von Wissen, sondern auch dessen Nutzung und Verbreitung sind die Kernbotschaft von Mercurio. Neben der jährlichen Verleihung des Wirtschaftspreises Premio Mercurio werden aktuelle Erkenntnisse von Expert:innen aus Deutschland und Italien vorgestellt und eingehend mit dem Publikum diskutiert.
Con:sens hat die Veranstaltung zur Kreislaufwirtschaft in seinem Studio gehostet und gedolmetscht und spricht mit der Geschäftsführerin Dott.ssa Simone Protti.
con:sens: Der Austausch mit ihren Mitgliedern erfolgt jetzt auch online, also über einen weiteren Kanal. Welche Grundidee hat Sie veranlasst, dieses neue Online-Format anzubieten?
Dott.ssa Simone Protti: Der Auslöser war natürlich die Pandemie, die zuerst einmal Präsenzveranstaltungen unmöglich gemacht hat. Und dann auch das Bewusstsein, dass alle modernen Gesellschaften Wissensgesellschaften sind. Gerade in dieser Coronazeit ist die Wissenschaft als gesellschaftliche Orientierungshilfe enorm aufgewertet worden. Noch nie konnte Wissenschaft so effektiv als Kompass für politische Entscheidungen dienen. In den tagtäglich wechselnden Nachrichten werden wir allerdings auch mit Widersprüchen konfrontiert. Durch die Kooperation mit zwei Partnern aus Forschung und Wissenschaft wollten wir zeigen, dass der wissenschaftliche Diskurs kontinuierlich und offen geführt wird. Eine bestimmte Sicht auf der Grundlage neuer Erkenntnisse muss weiterentwickelt oder nachjustiert werden. Widersprüche sind nichts, das uns blockieren sollte. Ganz im Gegenteil! Sie gehören zum Prozess wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns dazu und führen zu validen Lösungen.
Widersprüche sind nichts, das uns blockieren sollte. Ganz im Gegenteil! Sie gehören zum Prozess wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns dazu und führen zu validen Lösungen.
Simone Protti – Geschäftsführerin der deutsch-italienischen Wirtschaftsvereinigung Mercurio
con:sens: Weltweit arbeiten Wissenschaftler:innen an hoch aktuellen Themen wie z.B. Klimaschutz, Impfstoffe, Kreislaufwirtschaft. Welchen Vorteil sehen Sie gerade jetzt darin, Wissen nicht nur für eigene Ziele zu nutzen, sondern mit Interessierten zu teilen?
Dott.ssa Simone Protti: Wir befassen uns intensiv damit zu zeigen, wie Wissen entsteht, in Umlauf gebracht und allen zugänglich gemacht wird. Denn Wissen ist das womöglich wichtigste Kapital unserer demokratischen Gesellschaften in Europa. Leitidee ist hier das demokratische Modell einer scientific citizenship. Ein Nutzen für uns alle als Bürger. Dies ermöglicht uns die Annäherung und den Austausch mit der scientific community. Genau dieser Austausch ist uns mit unserem Online-Seminar zur Impfstoffgerechtigkeit gelungen.
Wissen ist das womöglich wichtigste Kapital unserer demokratischen Gesellschaften in Europa. Leitidee ist hier das demokratische Modell einer scientific citizenship. Ein Nutzen für uns alle als Bürger.
con:sens: Mit welchen Partnern aus Deutschland und Italien arbeiten Sie im Rahmen dieser Initiative zusammen?
Dott.ssa Simone Protti: Wir konnten die Villa Vigoni gewinnen, das deutsch-italienische Zentrum für den europäischen Dialog. Eine renommierte Institution, die seit 30 Jahren ihrem Namen alle Ehre macht. Genau hier sehen wir, dass Deutschland und Italien als Tandem in die Welt schauen. Dazu kommt das Forum Accademico Italiano, eine 2010 in Köln gegründete Plattform italienischer Forscherinnen und Forscher in Deutschland. Wir drei als Arbeitsgruppe treffen uns jeden Monat und identifizieren die ganz aktuellen Themen. In Interviews, Online-Seminaren und Workshops, simultan ins Deutsche und Italienische gedolmetscht, werden diese vertieft und in allen Facetten diskutiert.
con:sens: Ist die Online-Veranstaltung als Format ein Erfolgsmodell, auf das Sie auch in Zukunft setzen werden?
Dott.ssa Simone Protti: Auf jeden Fall. Schnell und unkompliziert können wir so viele Menschen wie noch nie erreichen. Unsere Reichweite hat sich verzehnfacht. Ein weiterer positiver Nebeneffekt: Unsere Sichtbarkeit in den sozialen Medien hat deutlich zugenommen. Das heißt für uns: Dieses neue Format wird auch nach der Pandemie als fester Bestandteil des Mercurio-Programms weitergeführt.
con:sens: Greifen wir noch einmal den Titel auf: „Wissen teilen“ Was möchten Sie und Mercurio unseren Leserinnen und Lesern abschließend mit auf den Weg geben?
Dott.ssa Simone Protti: Nehmen Sie die vielen Stimmen in Ihrem Umfeld wahr! Ob aus Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft oder der Gesellschaft. Treten Sie in Kontakt, und lassen Sie in der Kommunikation keine Lücken entstehen.
Fotos: Copyright Mercurio/Düsseldorf
Joel Filipe, Unsplash